Fachartikel - Nima Mohammadi

Wenn der Funke überspringt - Der KunstZahnWerk Wettbewerb von CANDULOR bietet immer eine handwerkliche Herausforderung

Nima Mohammadi

Wenn sich ein Funke von einem Menschen auf den anderen überträgt, ist es Begeisterung. So geschah es am dies-jährigen KunstZahnWerk Wettbewerb der CANDULOR. Der eine hatte schon gewonnen, der andere wollte wie sein Kollege und Freund diese manuelle Challenge ebenso bestehen. Und so entschied sich Nima Mohammadi, Zahntechniker im niederbayerischen Breitenberg, die Wettbewerbsunterlagen von CANDULOR anzufordern und mitzumachen.

Auf vier Kontinenten: Totalprothetik mit Hingabe

Gemeinsam mit Nima Mohammadi meldeten sich 120 Teilnehmer aus vier Kontinenten an. 49 Wettbewerbsarbeiten und Dokumentationen gingen bis zum Stichtag aus 16 Nationen bei der CANDULOR ein. Einige Pakete hatten einen weiten Weg hinter sich, um dabei zu sein und sich mit der erarbeiteten Lösung der internationalen Fachjury zu stellen. Chairwoman war Prof. Dr. Frauke Müller, Leiterin der Division für Gerodontologie und abnehmbare Prothetik der Universität Genf, Schweiz. Aus den USA reiste hierfür CDT/DTG Arian Deutsch, Inhaber der Deutsch Dental Arts in Surprise (Arizona) an. 2011 nahm er am internationalen KunstZahnWerk Wettbewerb teil und 2012 gewann er den KZW Wettbewerb Nordamerika. Verstärkung kam aus Berlin; ZTM Andreas Kunz, Inhaber der Andreas Kunz Zahntechnik und international anerkannter Praktiker und Referent. Für die CANDULOR übernahm ZT Martin Koller als totalprothetischer Techniker und Trainer mit Leib und Seele die verantwortungsvolle Aufgabe, die Wettbewerbsarbeiten zu bewerten. Nima Mohammadi, konnte es dann kaum fassen, auf Anhieb zu den Bestplatzierten zu gehören, die diesen besonderen totalprothetischen Award gewannen.

Abb. 1: 3. Platz beim KunstZahnWerk Wettbewerb 2019 für Nima Mohammadi (Breitenberg, DE)

Abbildung 1

Prothetik-Challenge 2019

Was war es diesmal, was Zahntechniker weltweit bewegte, ihr Können unter Beweis zu stellen und dafür ihrer Frei-zeit für einige Zeit "bis bald" zu sagen? Bei dem der diesjährigen Wettbewerbsaufgabe zugrundeliegenden Fall handelte es sich um einen mit 42 Jahren verhältnismässig jungen männlichen Patienten mit sehr guter Mundhygiene. Der Selbständige wurde durch einen Unfall zum Totalprothesenträger. Sie behinderten ihn jedoch beim Sprechen und beim Kauen. Druckstellen am Unterkiefer schränkten ihn darüber hinaus ein. Mehrmalige Neuanfertigungen brachten ihm keine Besserung. Deshalb erhielt der Unterkiefer vier Camlog Implantate für eine bedingt abnehmbare untere hybride Versorgung. Patientendaten einschliesslich Vorgaben zur horizontalen Kondylenbahnneigung (rechts: 28 °; links: 30 °), zur ästhetischen Kontrollschablone mit Hinweisen zur Frontzahnaufstellung, zur Hygieneform der unteren Hybridprothese, zum Okklusionskonzept nach GERBER in Zahn-zu-Zahn-Okklusion und vielem mehr beschrieben die Anforderungen.

Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4

Das ist Zahntechnik: Vorgaben aufnehmen, sie funktionell, ästhetisch-kreativ umsetzen 

MODELLANALYSE

Die Modellmontage erfolgte in einem für das Totalprothetikkonzept nach Prof. Dr. A. GERBER geeigneten Artikulator mit Doppelkonus als Artikulatorgelenk. Der Doppelkonus ermöglicht die Simulation der physiologischen Bewegungsmuster bei lateralen und transversalen Bewegungsabläufen in Form der natürlichen Dreh-Gleit-Bewegung. Geeignet sind hierfür der Condylator oder der CANDULOR Artikulator CA 3.0.

Im nächsten Schritt folgte die Modellanalyse nach LERCH. Sie wird grundsätzlich nur bei in den Artikulator orientierten Modellen vorgenommen, um die korrekte interoralen Beziehung in transversaler und sagittaler Richtung währenddessen zu gewährleisten. Ziel der Modellanalyse ist, herauszufinden, in welchen Bereichen kaufunktionelle Belastungen sicher auf das Prothesenlager übertragen werden, ohne dabei ein Kippen oder Abgleiten der unteren Prothese (Proglissement) zu verursachen und welche Okklusionsgestaltung hierfür sinnvoll ist. 

Im Oberkiefer ergibt sich innerhalb des Bereichs der tiefsten Stellen der Umschlagfalte ein sicheres Prothesenlager. Im Unterkiefer stellt die Linea mylohyoidea die innere Begrenzung und die Linea obliqua die äussere Begrenzung dar. Im Oberkiefer erfolgt das Einzeichnen der Kieferkammmitte, der Papilla incisiva sowie die Festlegung der metrischen Modellmitten (Abb.2). Im Unterkiefer fällt die Analyse etwas aufwändiger aus. Erst die metrische Modellmitte ermitteln und anzeichnen, dann den gesamten Verlauf der Kieferkammmitten auf dessen Grad markieren, d.h. anzeichnen (Abb. 3, 4). Seitliche und frontale Kammmitten werden auf die Modellränder übertragen, d.h. verlängert, damit sie für die Aufstellung als Orientierungslinien genutzt werden können.

Abb. 2: Modellanalyse: Kieferkammmitte und Mittelpunkt der Papilla incisiva (im UK: Zungenbändchen)
Abb. 3: Modellanalyse: Metrische Modellmitte hier am Unterkiefer
Abb. 4: Die untere metrische Modellmitte

Zur Bestimmung des Kauzentrums wird mit dem Profilzirkel der Kieferkammverlauf auf die Modellaussenseite links und rechts übertragen (Abb. 5). An der tiefsten Stelle des Seitenzahnbereichs wird mit dem Lineal parallel zur Camperschen Ebene eine Linie gezogen (Abb. 6). In Mittelwertartikulatoren verläuft sie parallel zur Okklusionsebene, d.h. der Tischplatte. Im Schnittpunkt beider Linien – seitlicher Kammverlauf und Campersche bzw. Tischebene – liegt der Bereich der grössten Kaueinheit, das Kauzentrum (Abb. 7). Rechts und links vom markierten Kauzentrum wird ein Toleranzbereich mit einem maximalen Abstand von 2 mm ebenfalls durch senkrechte Striche gekennzeichnet. Anschliessend wird die Stopplinie definiert; dorsal von ihr wird kein Zahn mit Antagonistenkontakt aufgestellt. Sie wird ermittelt, indem ein 22,5 °-Winkelmass am markierten Kauzentrum angelegt und der distal davon liegende Schnittpunkt des Winkels mit dem Kieferkammverlauf die Lage der Stopplinie bildet (Abb. 8).

Abb. 5: Übertragung des unteren Kieferkammverlaufs mit dem Profilzirkel
Abb. 6: Schnittpunkt zwischen lateralem Kieferkammverlauf und Camperscher bzw. Kauebene
Abb. 7: Position der grössten Kaueinheit (Kauzentrum)
Abb. 8: Stopplinie und Toleranzbereiche für die sagittale Position der grössten Kaueinheit

Abbildung 5 Abbildung 6
Abbildung 7 Abbildung 8
Abbildung 9 Abbildung 10
Abbildung 11 Abbildung 12

AUFSTELLUNG OBERE FRONTZÄHNE

Für die Aufstellung mit PhysioStar NFC+ Frontzähnen wird zunächst von der mitgelieferten ästhetischen Kontrollschablone ein Silikonschlüssel angefertigt. Auf diesen werden alle Markierungen der ästhetischen Kontrollschablone wie z.B. Okklusionsebene, Gesichtsmitte, Eckzahnpunkte, Lachlinie, maximale vestibuläre Position der Seitenzahnbukkalflächen übertragen (Abb. 9). Die Zähne 11 und 21 werden nun so aufgestellt, dass deren Schneidekanten bündig mit dem anterioren Rand des Silikonschlüssels abschliessen und die Mittellinie senkrecht zwischen den beiden Zentralen verläuft (Abb. 10, 11). Stehen die beiden zentralen Inzisiven in der richtigen Position, werden die beiden oberen Eckzähne so aufgestellt, dass ihre Spitzen auf die Eckzahnmarkierung zeigen. Ihre Labialachsen stehen dabei leicht nach mesial. In approximaler Ansicht werden sie mit ihren Schneidekanten nach innen und der Zahnhals nach aussen weisend geneigt. Um eine natürlich wirkende "Abweichung" zu erzielen, werden die Zähne 12 und 22 etwas verdreht und inzisal etwas höher als die mittleren Inzisiven aufgestellt (Abb. 12).

Abb. 9: Silikonschlüssel der ästhetischen Kontrollschablone, Übertragen der Angaben
Abb. 10 und 11: Ausrichtung der Zentralen am Silikonschlüssel
Abb. 12: Eckzahnpositionen ausgerichtet am Silikonschlüssel

AUFSTELLUNG UNTERE FRONTZÄHNE

Die beiden zentralen unteren Inzisiven, 31 und 41, berühren mit ihrer mesialen Kante den Inzisivenzeiger auf Höhe des Gummibands/der Kauebene. Ihre Vestibulärflächen berühren den vorderen Rand des Silikonschlüssels, um die Ausformung der unteren Lippenstütze wiederzugeben wie sie anhand der ästhetischen Kontrollschablone am Patienten festgelegt wurde (Abb. 13, 14, 15).

Überbiss und Vorbiss sind von mehreren Faktoren abhängig. Eine bekannte Faustregel lautet, dass der Überbiss und die sagittale Stufe je 1 mm betragen. Faustregeln bedeuten eine am Mittelmass orientierte Lösung, die stimmen kann, aber nicht muss. Korrekte, physiologisch auf den Patientenfall hin bezogene Informationen kann hier nur der Zahnarzt am Patienten ermitteln und sie dem Labor in Form der ästhetischen Kontrollschablone und dem dort angefertigten Silikonschlüssel an die Hand geben (Abb. 16, 17).

Die Zähne 42 und 32 mit ihrer Inzisalkante das Gummiband schneidend und mit ihrer Vestibulärfläche den Silikonschlüssel berührend aufstellen. Die Spitzen der unteren Eckzähne, Zähne 33 und 43, ragen etwa 0,5 mm über das Gummiband. Mit ihrer Achse sind sie leicht nach mesial geneigt, ihr vor allem distaler Schneidekantenverlauf wird jeweils auf die Statiklinien ausgerichtet.

Abb. 13, 14, 15 und 17: Aufstellung der Zähne 31 und 41
Abb. 16: Vorbiss rekonstruiert nach dem Silikonschlüssel

Abbildung 13 Abbildung 14
Abbildung 15 Abbildung 16
Abbildung 17
Abbildung 18 Abbildung 19
Abbildung 20 Abbildung 21
Abbildung 22 Abbildung 23

AUFSTELLUNG UNTERE SEITENZÄHNE

Sie werden nach der GERBER-Methode in Zahn-zu-Zahn-Beziehung aufgestellt. Hierfür sind Seitenzähne wie der Condyloform II NFC+ angemessen, die im Unterkiefer eine sehr ausgeprägte zentrische Fossa und im Oberkiefer entsprechend grosse Stützhöcker nach dem Mörser-Pistill-Prinzip besitzen. Begonnen wird mit den Zähnen 34 und 44. Deren Bukkalhöcker liegen auf der Statiklinie und überragen die Kauebene leicht (Abb. 18, 19, 20). Mit ihren Achsen stehen sie leicht nach distal geneigt. Die Zähne 35 und 45 werden so aufgestellt, dass beide Höcker auf Höhe der Kauebene liegen (Abb. 21). Ihre Zentralfissur liegt auf der Statiklinie und ihre Achsen sind ebenfalls leicht nach distal geneigt. Aufgrund der Platzverhältnisse wurden die ersten unteren Molaren, 36 und 46, nach den zwei-ten unteren Prämolaren aufgestellt. Die ersten unteren Molaren stehen mit ihrer zentralen Fossa jeweils auf der Statiklinie im Bereich der Markierung des Kauzentrums (Abb. 22). Von bukkal betrachtet liegen die Mesialhöcker auf Höhe der Kauebene, die distalen leicht darüber (Abb. 23). Die ermittelte Stopplinie erlaubte in diesem Fall keine Aufstellung zweiter unterer Molaren.

Abb. 18: Bukkalhöcker der unteren ersten Prämolaren stehen leicht über der Okklusionsebene …
Abb. 19: … und liegen auf der Statiklinie
Abb. 20: Zahn-zu-Zahn-Beziehung der ersten Prämolaren
Abb. 21: Zähne 35 und 45 stehen mit beiden Höckern auf Höhe der Okklusionsebene
Abb. 22: Untere erste Molaren liegen mit ihrer zentralen Fossa im Verlauf der Statiklinie auf der Position des Kauzentrums
Abb. 23: In Bukkalansicht mit dem Mesialhöcker auf, mit dem distalen leicht über der Okklusionsebene

AUFSTELLUNG OBERE SEITENZÄHNE

Als nächstes werden die oberen Seitenzähne aufgestellt. Hier wird mit den Zähnen 14 und 24 begonnen, die in Zahn-zu-Zahn-Beziehung mit den Zähnen 34 und 44 okkludieren. Ihre Achsen sind leicht distal geneigt. Die Bukkalhöcker der unteren Antagonisten (1:1-Beziehung) haben jeweils Kontakt in der mesialen Fossa der oberen Prämolaren. Die Palatinalhöcker können einen leichten Kontakt in den distalen haben (Abb. 24).

Die Zähne 15 und 25 werden senkrecht oder mit einer minimalen Distalneigung aufgestellt (Abb. 25). Hier dürfen die Bukkalhöcker jedoch keinen Kontakt haben (Abb. 26). Ihre palatinalen Stützhöcker okkludieren in der Fossa der Zähne 35 und 45 (Abb. 27). Bei der Aufstellung der Zähne 16 und 26 ist ebenfalls darauf zu achten, dass die Bukkalhöcker ausser Kontakt stehen und die mesiopalatinalen Stützhöcker als zentrale statische Abstützung exakt in den Fossae der Antagonisten okkludieren (Abb. 28-31). Exkursionsbewegungen werden grundsätzlich erst nach der Fertigstellung eingeschliffen. Die zentrischen bzw. statischen Kontakte müssen allerdings schon jetzt eindeutig bestehen und ggf. eingeschliffen sein.

Abb. 24: Nach GERBER: Bukkalhöcker der Zähne 34 und 44 okkludieren im Antagonisten
Abb. 25: Bukkalstellung der Zähne 15 bzw. 25
Abb. 26: Kein Bukkalkontakt der zweiten oberen Prämolaren
Abb. 27: Abstützung der Zähne 15 und 25 nur über die Palatinalhöcker
Abb. 28: Zahn-zu-Zahn-Beziehung
Abb. 29: Okklusale Abstützung der Zähne 16 und 26 nur palatinal
Abb. 30: Statische Stopps oben
Abb. 31: Statische Stopps unten

Abbildung 24 Abbildung 25
Abbildung 26 Abbildung 27
Abbildung 28 Abbildung 29
Abbildung 30 Abbildung 31
Abbildung 32
Abbildung 33
Abbildung 34

MUSKELGRIFFIGE PROTHESENKÖRPER

Die Prothesenkörper werden muskelgriffig ausmodelliert. In der Front werden hierfür oben und unten Lippen-schilder für den Mundringmuskel ausgearbeitet. Im Seitenzahnbereich werden Bukkinatorstützen geschaffen und die Zuglinienrichtung (unter Muskelaktivität) der Wangenbändchen nachgezogen. Die Übergänge von den Zähnen zum Zahnfleisch sollten nicht zu wulstig und unterschnitten ("Taschen"), sondern eher rundlich und im stumpfen Winkel glatt modelliert werden.

GERÜSTHERSTELLUNG UNTERE HYBRIDPROTHESE

Nach Abschluss der Wachsmodellation der unteren Versorgung wird sie vom Modell abgenommen und auf die Implantate die Scanbodys aufgeschraubt. Im Anschluss werden das Modell und der Gegenbiss (Modell mit Wachsaufstellung) eingescannt. Sind die Implantatpositionen festgelegt, werden die Scanbodies entfernt und die untere Wachsaufstellung wieder auf das Modell gesetzt und ebenfalls gescannt. Danach werden beide Modelle in den Artikulator zurückgesetzt und die Kieferrelation eingescannt. Sind alle Scans abgeschlossen, wird in die Konstruktionssoftware gewechselt und das Metallgerüst konstruiert (Abb. 32-34), das dann als Datensatz hier an Camlog (Dedicam) geschickt wurde. Das dort gefräste Gerüst wurde nach Empfang auf Oberflächengüte und spannungsfreien Sitz überprüft.

Abb. 32: Scan mit Scanbodies
Abb. 33: Scan mit Situation bzw. Wachsaufstellung
Abb. 34: Konstruiertes Gerüst mit Schraubenkanälen

Die Metallkonstruktion wird abgestrahlt und silanisiert. Danach wird Opaquer aufgetragen. Sind diese Schritte abgeschlossen, wird die Wachsaufstellung auf das Modell gesetzt und für die Fertigstellung in der Küvette vorbereitet und dann eingebettet (Abb. 35). Nach dem Abbinden des Gipses wird die Küvette erwärmt und geöffnet. Das erweichte Wachs kann danach entnommen werden. Das Modell wird dann mit sauberem, kochendem Wasser abgebrüht; gleiches gilt für die Zähne (Abb. 36). Die basalen Kontaktflächen der Zähne mit dem Kunststoff werden mit einem Hartmetallfräser angeraut. Sind die Zähne in die Küvette zurückgesetzt, wurden sie basal mit einem Silan konditioniert. Vor der Umsetzung in Kunststoff wurde das untere Modell für ca. 15 min ausreichend gewässert, isoliert (Abb. 37) und das Gerüst aufgeschraubt.

Abb. 35: Eingebettete Wachsaufstellung der oberen Totalprothese
Abb. 36: Zähne nach dem Abbrühen mit klarem kochenden Wasser
Abb. 37: Isolieren Gips-gegen-Kunststoff

Abbildung 35
Abbildung 36
Abbildung 37
Abbildung 3

UMSETZUNG IN KUNSTSTOFF

Bevor mit dem Einbringen des Kunststoffs und dem Pressen begonnen wird, werden die Komponenten des Prothesenbasiskunststoffs dosiert, angemischt und dessen Quellphase beachtet (Abb. 38). Für die Basis wurde die Farbe 34 gewählt. Im Bereich der Papillen und der modellierten Alveolenhügel wurde mit der Farbe 34 - gemischt mit ein wenig Gelb und Weiss aus dem Aesthetic Intensive Colors Sortiment - gearbeitet. Für das Vestibulärschild und die Lippenbändchen wurde die Farbe 34 mit ROT, BRAUN, BLAU und PINK gemischt und während der Modellierphase des Kunststoffs in der Reihenfolge "Papillen - Lippenschild - Basis" eingebracht. Das bedeutete als erstes das Kunststoffgemisch für die Papillen mit einem Spatel bis etwa 1/3 vom Zahnhals entfernt dünn um die Zähne herum aufzutragen. 

Im zweiten Schritt wurde auf das Kunststoffgemisch für die Papillen bis zur Umschlagfalte der Kunststoff für das Vestibulärschild aufgebracht. Dennoch hat die erforderliche Durchmischung beider Komponenten für die sachgerechte Polymerisation immer Vorrang. 

Im letzten Schritt wurde der Kunststoff für die Prothesenbasis in Farbe 34 auf dem Modell und auf den Zähnen verteilt, danach die Küvette geschlossen und in die Presse gestellt. Nach etwa 5 min unter Pressdruck wurde der Bügel um die Küvette fest verschlossen und sie für 30 min in den Drucktopf gestellt. Nach Abschluss der Polymerisation erfolgte das Ausbetten. Die Modelle wurden mit den Kunststofffertigstellungen in den Artikulator zurückgesetzt, damit die statischen Stopps korrigiert und die Exkursionsbewegungen eingeschliffen werden konnten. 

Abb. 38: Vorbereitung der Fertigstellung in Kunststoff: Alles parat, bei Kaltpolymerisat stets am besten beide Komponenten gekühlt

STATISCHE OKKLUSION

Als Erstes widmet man sich den statischen bzw. zentrischen Kontakten. Sollten sie nach dem Umsetzen in Kunststoff nicht mehr optimal vorhanden sein, werden sie mit einem Kugeldiamanten eingeschliffen. 

DYNAMISCHE OKKLUSION

Nach der Statik folgt die dynamische Okklusion beginnend mit der Laterotrusion. Sie wird eingeschliffen, indem zuvor beide Artikulatorgelenke entriegelt und der Stützstift auf dem Stützstiftteller transversal geführt verschoben wird und zwar so lange bis die Bukkalhöcker oder die Inzisalkanten der Eckzähne übereinanderstehen. Wichtig ist hierbei, dass keine Eckzahnführung besteht, da ansonsten die Bukkalhöcker entlastet werden würden. Unter Zuhilfenahme einer grünen Okklusionsfolie wurde auf den lingualen Höckerabhängen der unteren Seitenzähne die Laterotrusion eingeschliffen. Aufgrund des umgekehrten Mörser-Pistill-Prinzips sind die ersten Prämolaren davon auszunehmen. Im nächsten Schritt wurde bei entriegelten Gelenken die Protrusion mit blauer Okklusionsfolie kontrolliert und eventuell störende Frühkontakte im Frontzahngebiet entfernt. Sind im Seitenzahngebiet zu steile Protrusionsfacetten vorhanden, sind auch sie zu entfernen. Für das Einschleifen der Retrusion muss am Artikulator die dafür vorgesehene Feststellschraube gelöst werden, um diese kurze dorsal gerichtete physiologische Bewegung zu simulieren, die beim Schlucken vollzogen wird.

AUSARBEITUNG UND POLITUR

Nach dem statischen und dynamischen Einschleifen der Okklusion wurde mit feinen Diamantschleifern das okklusale Relief der Zähne nach anatomischen Gesichtspunkten wiederhergestellt. Zum Ausarbeiten der Prothesenkörper wurden sie von den Modellen abgenommen und mit feinen Hartmetallfräsern bearbeitet. Hierbei wurden zuerst Zungen-, Lippen- und Wangenbändchen freigelegt, damit die Prothesen unter Muskelaktivität und ihrer damit verbundenen Straffung nicht abgehoben werden (Abb. 39). Danach wurde mit unterschiedlichen, feinverzahnten Fräserformen die Prothese nach anatomischen Gesichtspunkten ausgearbeitet, insbesondere im Bereich der nachempfundenen Alveolenhügel (Abb. 40). Wichtig dabei ist, dass im Übergang von Zahn zum Zahnfleisch wenig geschliffen wird, da sich dieser Bereich nicht immer optimal polieren lässt, ohne dabei die Zahnoberflächen zu beschädigen. Auch sollten Taschen zwischen Zahn und Zahnfleisch vermieden werden, da die Patienten Probleme haben könnten, sie sauber zu halten und sich hier auch vermehrt Speisereste und Konkremente ansammeln. Optimal ist ein leicht runder glatter Übergang. Bevor die Prothese auf Hochglanz poliert wurde, erfolgte die Stippelung der Oberfläche mit Rosenbohrern (Abb. 41, 42). Im Anschluss wurde mit Bimsstein und verschiedenen Bürsten vorpoliert und abschliessend mit Polierpaste und einem Schwabbel auf Hochglanz gebracht.

Abb. 39: Freilegen der Bändchen in deren Zugrichtung
Abb. 40: Feinschliff der Alevolenhügel
Abb. 41 und 42: Nach dem "Stippeln"

Abbildung 39 Abbildung 40
Abbildung 41 Abbildung 42

MATERIAL


Artikulator
Artikulator CA 3.0 (CANDULOR)

Modellierwachs
AESTHETIC Wax (CANDULOR)

Modellierwachs für die farbliche Charakterisierung
AESTHETIC Color Wax (CANDULOR)

Isolierung
Iso-K (CANDULOR)

Prothesenkunststoff
AESTHETIC BLUE (CANDULOR)

Gingiva Charakterisierung
AESTHETIC Intensive Colors (CANDULOR)

Prothesenzähne
PhysioStar NFC+ / Condyloform II NFC+ (CANDULOR)

Implantatsystem
Comfour System (Camlog)

Legierung
NEM (Camlog/Dedicam)

Wer ist…?

2019
3. Platz beim CANDULOR KunstZahnWerk

Seit Oktober 2000
Beschäftigt im Dentallabor Kornexl in Breitenberg
mit Schwerpunkt Prothetik / Kombitechnik

1995 - 1999
Ausbildung zum Zahntechniker in Passau